MEHR ALS MATERIAL:
Wie Stoffe Räume
zum Sprechen bringen

Reduktion, textile Gestaltung, ruhige Räume: In den letzten Beiträgen haben wir begonnen, ein Thema in allen Facetten zu beleuchten, das uns dauerhaft begleitet. Es begegnet uns bei unserer eigenen Konzeptionsarbeit für private Wohnprojekte. Und vermehrt mittlerweile auch bei Gesprächen mit unseren Partner:innen aus verschiedenen Planungs- und Architekturbüros.

Heute nehmen wir uns die Zeit, alle bisher schon gesponnenen Fäden zusammenzuführen. Wir kreieren einen Rahmen und legen fest, mit welcher Stimme wir hier sprechen.

Nach unserem Plädoyer für den Soft Modern-Stil und der Wiederentdeckung des Vorhangs als Gestaltungsmittel in den Beiträgen der letzten Wochen rücken wir heute einen weiteren Aspekt in den Fokus: Textur als narrative Schicht im Raum. Bedeutet: Wie sich etwas anfühlt, bestimmt das Ambiente und kommuniziert klar und deutlich und dennoch subtil.

Ein Thema, das sich nicht an Trends orientiert, sondern tiefer geht und eine grundlegende Einstellung ausdrückt.

Weniger zeigt mehr

Wo weniger Gestaltungselemente auftauchen, bekommt jedes mehr Platz. Und mehr Raum für die Entfaltung seiner Wirkung. Weniger Elemente bitte, aber dafür viel Aufmerksamkeit bei deren Auswahl und Platzierung.

Die Suche nach Ruhe ist in der Gestaltung längst angekommen. Ganz besonders im Hotelbereich, wo viele Menschen eine Auszeit von ihrem stressigen Leben suchen. Zuhause natürlich ebenso, wobei es da durchaus auch „aufregende“ Bereiche geben kann, wenn das Objekt über genügend Zimmer verfügt.

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Reduziert, nicht leer

still, nicht stumm

Projekte wie Bergmähder, La Villetta oder Goinghome, in denen Farben zurücktreten und Materialien mit Charakter das Wort übernehmen, zeigen, wie solche Konzepte funktionieren: Die Räume wirken reduziert, aber nicht leer, sie sind still, aber nicht stumm.

Was wir heute als Soft Modern bezeichnen, ist eben keine Trendfrage, sondern ein gestalterischer Standpunkt: Reduktion nicht als Verzicht, sondern als bewusste Auswahl. Statt der Frage „Was würde noch dazu passen?“ kommt die Frage „Was brauche ich wirklich im Raum?“

In einem solchen Umfeld gewinnen Oberflächen an Bedeutung. Materialität wird sichtbar und spürbar, wie Stoffe, die Licht absorbieren oder Flächen, die man zu gerne anfasst. Oft sind es Materialien, die keine großen Vorgaben machen und sich den Ideen der Interior Designer unterordnen lassen.

Textile Sprache

Textilien müssen viele Funktionen erfüllen; neutral sind sie in seltenen Fällen. Sie filtern Licht, locken die Blicke auf eine Wanderung durch den Raum, teilen Räume in Zonen auf und verändern die Akustik. Gerade in offenen Grundrissen, in denen Übergänge fließend sind, sind sie nicht nur schön, sondern auch unbedingt Mittel zum Zweck.

In unserem Beitrag über Vorhänge haben wir vertikale Textilflächen in allen Ausprägungen als Gestaltungselement ins Zentrum gerückt. Textile Gestaltung in Räumen endet natürlich nicht am Fenster.

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Möbel, Wände, Böden

Überall dort, wo Material Atmosphäre schaffen kann, können Stoffe ihre Wirkung entfalten. Wir erleben das in unserer Arbeit in vielen aktuellen Projekten:

  • Gepolsterte Wandpaneele, die schön im Hintergrund bleiben und doch wesentlich zur Atmosphäre beitragen
  • Strukturierte Bezugsstoffe auf Möbeln, die oft erst auf den zweiten Blick wirken
  • Teppiche mit Strukturen, die Zonen definieren und Nutzungen festlegen

Projekt Spotlight

Das Ludwig, Lindau

Ein Beispiel für diese Herangehensweise an die Gestaltungsarbeit ist das neue Boutiquehotel Das Ludwig in Lindau.

Reduktion wurde hier nicht als Einschränkung gesehen. Die Konzeption der Zimmer und Suiten auf Basis von Farbtönen – gleichzeitig die Namen der Zimmer – verstand man als Einladung, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Die Innenarchitektur setzt im Das Ludwig auf klare Linien und ruhige Farbwelten. Was das Haus prägt, ist ein individueller Stil, der zugleich Platz lässt für ein historisches Flair, zeitgemäß umgesetzt. Die „Geheimwaffe“ sind die konsequent edlen Materialien:

  • Möbelstoffe in Ton-in-Ton-Nuancen
  • großflächige Vorhänge mit textiler Tiefe
  • natürliche Oberflächen mit mattem Finish

Das Ergebnis ist ein Raumgefühl, das sich nicht über Dekoration definiert, sondern über Material, Zurückhaltung und Stimmung. Hier wurde mit viel Gespür geplant und mit Vertrauen in die Wirkung von Stoffen, Licht und Proportionen.

Interior Insights: 
Texturen lesen lernen

Textilien wirken auf verschiedenen Ebenen. 

Sie sind wesentlich, um Atmosphäre zu gestalten. Im Folgenden lesen Sie, mit welchen Fragen und Infos Sie sich bei der Auswahl Ihrer Wohnstoffe auseinandersetzen sollten.

Glatt oder strukturiert?

Glattes Leinen wirkt klar und leicht und eignet sich gut für Räume mit viel Tageslicht.

Funktionale Stoffe haben oft eine glatte Oberfläche, manchmal auch mit einer zusätzlichen Beschichtung. Strukturiertes Bouclé, Wolle oder gar gesteppte Materialien schaffen Tiefe und Wärme, besonders in zurückhaltenden Farbräumen.

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Licht und Stoff

Samt absorbiert Licht, und das ergibt weiche Konturen. Halbtransparente Gewebe lassen es streuen, was ideal für Übergangszonen oder ruhige Zonen im Wohnbereich ist. Changierende Stoffe verändern sich je nach Lichteinfall, manche Stoffe geben gar ein schrilles Glitzern und Glänzen von sich.

Wie seriös soll die Atmosphäre sein, wie kuschelig, inspirierend, lustig? Fragen im Vorfeld der Stoffauswahl.

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Farbton ≠ Wirkung

Ein Farbton allein sagt noch wenig. Erst die Textur bestimmt, wie er wahrgenommen wird: Matt oder glänzend? Ruhig oder lebendig? Gleichmäßig oder changierend?

Ein und derselbe Farbton kann je nach Material große Unterschiede aufweisen. Funfact: Eine der Farben, die am schwersten in unterschiedlichen Materialien dargestellt werden kann, ist Schwarz.

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Akustische Wirkung

Wer kennt nicht die Bar im Gewölbe, wo man sein eigenes Wort kaum versteht? Hier haben Planer auf die Wichtigkeit der textilen Gestaltung vergessen.

Vorhänge, Teppiche, Wandstoffe, kurz alle Textilien beeinflussen den Raumklang. Besonders in hohen Räumen oder in Räumen mit großen Fensterflächen oder gefliesten Böden lohnt es sich, mithilfe von Textilien im Raum den Schall zu lenken und zu dämpfen.

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Stoffliche Zonierung

Textilien können Räume auch gliedern und das, ohne Wände einzuziehen oder Raumteiler aufzustellen.

Ein Vorhang, ein Stoffpaneel, ein Übergang im Teppich, das kann schon genügen. Es sind kleine Eingriffe mit erstaunlicher Wirkung.

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Kluge Kombinationen

Wer Texturen bewusst wählt, hat bessere Karten als jene, die munter drauflos kombinieren und auf Kontraste setzen.

In unserem Showroom etwa zeigt sich: Wenn Stoffe, Teppiche und Wandmaterialien so aufeinander abgestimmt sind, dass ihre Textur und Farbfamilie harmonieren, entsteht ein stimmiges Ganzes ohne jede Monotonie.

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Texturen im privaten Raum

Was im Hotel funktioniert, stimmt auch fürs private Wohnen.

Gerade in Wohnräumen, die Offenheit und Geborgenheit zugleich bieten sollen, können textile Elemente gezielt eingesetzt werden. Zum Beispiel:

Ein Vorhang, der einen Arbeitsbereich markiert, ohne ihn räumlich zu negieren
Ein Teppich, der den Essplatz rahmt
Ein strukturierter Stoffbezug, der einem schlichten Sofa Charakter verleiht

Textilien geben Räumen nicht nur Tiefe. Sie inspirieren, regen die Fantasie an, schicken die Gedanken auf Reisen. Kurzum: wenig Aufwand, große Wirkung!

Im Showroom von home INTERIOR zeigen wir, wie Materialien eingesetzt werden können, wenn Expertinnen und Experten ans Werk gehen und wie man sie ideal aufeinander abstimmt.

Fazit

Unerschöpflich: Materialien & ihre Möglichkeiten

Was mit dem Artikel „Die Kraft der Textilien“ begann, wurde über die Monate verfeinert. In den Texten mit der Überschrift „Renaissance der Ruhe“ und „Stille inszenieren“ haben wir die Sehnsucht nach Rückzugsorten gestalterisch greifbar gemacht.

Mit dem Artikel zu „Soft Modern“ wurde das Konzept dieses Namens auf den Punkt gebracht. Und im Beitrag zu den Vorhängen haben wir eine bekannte Kategorie mit frischem Blick betrachtet.

Der aktuelle Beitrag ist kein Abschluss, sondern ein weiterer Schritt. Er zeigt, wie das geht: Texturen verstehen, Materialien bewusst wählen und das Potenzial von Räumen ausschöpfen. So entsteht Gestaltung, die nicht lauter wird, sondern klarer.

 Wir als Spezialisten für die Inszenierung von Räumen mit Textilien, zeigen gern, wie wir gemeinsam mit Ihnen und mit schönen Materialien Ihr Zuhause, Ihr Projekt gestalten: Kommen Sie in unser Design Center in Mils und tauchen Sie ein in unsere Stoffwelt!

 
Bilder: Nussbaumer Photography, M. Kottersteger,  Sonnen Resort, Naturns (I), Adobe Stock, home INTERIOR, home IMMOBILIEN