Gut gekleidet!

Fashion für Sofa, Sessel & Co.

Räume inszenieren! Wer sich das zum Motto macht, arbeitet mit Stoffen. Natürlich auch mit vielen anderen Interior Design-Elementen. Kaum etwas ist aber so entscheidend für das Ambiente eines Raumes, wie die verwendeten Stoffe. Sei es am Fenster, auf den Möbeln oder bei den Wohnaccessoires. Heute unter der Lupe: Polsterstoffe.

Polsterstoffe, Möbelstoffe, Möbelbezugsstoffe – Synonyme für ein und dieselbe Stoffart: Stoffe, mit denen Möbel vollständig oder teilweise überzogen werden. Die Polsterung ist also ein Teil des Möbels.

Aufbau einer Polsterung

Eine Polsterung selbst besteht aus einer einfachen Schaumstoffplatte, die es in nahezu jeder beliebigen Stärke gibt. Je nach Anwendung, wie dieser Schaumstoff auf eine in Form geschnittene Holzplatte geklebt und erst dann mit Stoff überzogen. Dabei ist der Fantasie keine Grenze gesetzt.

Anders bei Fauteuils oder Sofas, die komplett mit Stoff überzogen sind. Hier bekommt ein Trägergestell, meist aus Holz, die geformte Schaumstoffpolsterung montiert. Dann wird der gewählte Stoff zugeschnitten und anschließend werden die Teile entsprechend den Designvorgaben zusammengenäht. Schon allein was die Nähte betrifft, gibt es eine große Bandbreite und Vielfalt.

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Dress for success

Das fast fertige „Kleid“ kommt dann auf das Fauteuil, den Hocker, die Polsterplatte usw. und wird angepasst, sodass es perfekt und straff sitzt. Jetzt zeigt sich, ob alle einzelnen Arbeitsschritte exakt und handwerklich einwandfrei ausgeführt worden sind.

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Haute couture für Möbel

Eine besondere Herausforderung sind gemusterte Polsterstoffe. Polstereifachleute besitzen die Expertise, um auch groß gemusterte Polsterstoffe auf Möbeln vor ihrem geistigen Auge zu visualisieren.

Anschließend zeichnen sie das Schnittmuster auf eine Weise, dass das Muster beim fertigen Möbel Sinn ergibt. Entweder passt beispielsweise das Karo übergangslos zusammen oder die Muster laufen auf sinnvolle Weise ineinander über. Sehr selten ist es nicht anders möglich, als visuell einen Sprung zu machen. Dann sind Erfahrung und handwerkliches Können besonders gefragt.

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Material World

Entscheidend für die Strapazierfähigkeit von Textilien ist neben der Webtechnik das Material, aus dem das Garn besteht.

Für Möbel mit wenig Berührung durch die menschliche Haut, wie etwa die Sitzfläche eines Stuhls, werden häufig Kunstfasern oder Mischungen mit einem hohen Anteil an Kunstfasern verwendet.

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Das macht die Textilien pflegeleicht, was besonders bei Sitzmöbeln und Sofas wichtig ist. Im privaten Bereich, wo die Möbel von Familien genutzt werden, ebenso wie im Hospitality-Bereich, wo die Belastung von Möbeln und Stoffen sehr hoch sein kann.

Kommt die Haut in Kontakt mit den Möbelstoffen wie zum Beispiel auf dem Sofa, wenn man es sich in Loungewear gemütlich macht, werden großteils Textilien gewählt, die einen natürlichen Griff und einen hohen Anteil an natürlichen Materialien im Garn haben. Das können Baumwolle, Leinen oder Wolle gemischt mit Kunstfasern sein.

Saubere Sache

Kunstfasern sorgen dafür, dass Möbelbezüge pflegeleicht und strapazierfähig sind. Verschmutzungen lassen sich bei Geweben mit Mischfasern leichter entfernen. Oft kann das gesamte Möbelkleid auch selbst gewaschen werden, oder es ist zumindest für eine professionelle Reinigung geeignet.

Es gibt auch Möbelstoffe, die eine spezielle Antifleckausrüstung besitzen. Das bedeutet, dass das gesamte Gewebe imprägniert wird. Auf dieses Weise wird verhindert, dass Verschmutzungen in das Garn und die Faser eindringen und nicht mehr entfernt werden können. Meist genügt es bei derart ausgerüsteten Stoffen Flecken mit einem feuchten Tuch abzutupfen. Wenn sie eingetrocknet sind, lassen sie sich dann oft leicht mit einer weichen Bürste ausbürsten.

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Rundherum, das ist nicht schwer...

Möbelstoffe sind Nutzstoffe. Das bedeutet: Sie müssen weit mehr Funktionen erfüllen als Dekostoffe und sind einer wesentlich stärkeren Belastung ausgesetzt. Möbelstoffe werden dementsprechend nach standardisierten Tests klassifiziert.

Zentral ist dabei der sogenannte Martindale-Scheuertest. Dabei wird ein Stoffabschnitt in das Gerät eingespannt und gegen einen standardisierten Stoff gerieben. Die Anzahl der Scheuertouren, also der Umdrehungen bis zwei Fäden des Testgewebes reißen, gibt an, wie belastbar der Stoff ist. Je höher der Wert ist, desto scheuerfester und damit langlebiger ist ein Stoff. Es zahlt sich also aus, bei der Stoffauswahl auf die Anzahl der Scheuertouren zu achten. Die Einheit für Scheuertouren wird auch oft in Martindale angegeben.

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Spieglein, Spieglein…

Nicht an der Wand, sondern auf dem Sessel, dem Fauteuil, dem Sofa. Auf Sitzmöbeln kann sich unter Umständen ein sogenannter Sitzspiegel oder auch Gebrauchslüster entwickeln.

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Ein Sitzspiegel entsteht, wenn ein Stoff mit einem Flor (wie ein Samt oder ein Velours) über längere Zeit und wiederholt Druck, Feuchtigkeit und Wärme ausgesetzt ist.

Das ist bei Sitzmöbeln der Fall. Der senkrecht stehende Flor wird dabei in die Horizontale gedrückt und kann sich oft nicht mehr von allein aufrichten. Das optische Ergebnis ist eine unterschiedliche Schattierung des Stoffes, je nach Lichteinfall.

Ein Sitzspiegel ist kein Mangel eines Stoffes. Wichtig ist, dass man darüber nachdenkt, ob man das mag oder nicht. Er beeinträchtigt die Qualität des Stoffes und seine Langlebigkeit auf jeden Fall nicht.

Regelmäßig den Sitzplatz wechseln – das hilft, damit sich ein Sitzspiegel erst gar nicht bildet bzw. die Fasern genügend Zeit haben, um sich wieder aufzurichten. Tipps für die Behandlung von Sitzspiegeln werden wir gern ein anderes Mal teilen.

Farbe & Licht

Polsterstoffe werden auch auf ihre Farb- und Lichtechtheit hin getestet. Farbechtheit misst, unter welchen Umständen und wie leicht ein Stoff seine Farbe verliert. Das kann durch Waschen, Sonneneinstrahlung, Schwitzen und normale Nutzung geschehen.

Lichtechtheit ist besonders relevant, wenn die Möbel an sonnigen Orten stehen. Sonne verändert die Farben, was bei der Auswahl der Stoffe beachtet werden muss. Die Lichtechtheit wird auf einer Skala von 1 bis 8 angegeben, je höher, desto besser. Ab Lichtechtheit 4 erreichen Stoffe einen für Polstermöbel akzeptablen Wert.

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Polstermöbel liegen im Trend. Das hat die Mailänder Möbelmesse ein weiteres Mal gezeigt.

Große, weiche und runde Formen und dazu die entsprechenden haptisch interessanten Stoffe – das sind Statements im Raum und inspirierende Elemente für das Interior Design.

Wie wichtig es ist, sich nicht allein von der Schönheit eines Stoffes hinreißen zu lassen, sondern auch seine technischen Eigenschaften zu prüfen, haben wir in diesem Blogbeitrag erzählt.

Bilder: home Interior; Dominik Rossner